THEMATIK
Wie Digitale MEdien Denken, Handeln und Arbeiten verbessern
Die Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien hat im 21. Jahrhundert enorme Fortschritte gemacht. Eine Telefonnummer in Australien herauszufinden, oder eine Wettervorhersage für Timbuktu zu erhalten: was vor 30 Jahren nur mit erheblichem Aufwand bewerkstelligt werden konnte, kann man heute innerhalb von 30 Sekunden ermitteln – selbst wenn man sich gerade auf einem Waldspaziergang befindet.
Durch digitale Technologien ist eine Schnittstelle geschaffen, welche den Zugriff auf eine enorme Vielfalt an Informationen in Echtzeit ermöglicht. Die Schnittstelle unterstützt, wie wir denken, was wir wissen, wie wir entscheiden und wie wir uns verhalten – sie ist also in dem Sinne eine kognitive Schnittstelle, als dass sie kognitive Prozesse beim Menschen arbeitsteilig unterstützen kann. Schnittstellen sind auch in einem zweiten Sinne kognitive Schnittstellen, da sie selber zunehmend Eigenschaften kognitiver Systeme aufweisen – sie sind vermehrt adaptiv, bilden Inferenzen und „partizipieren“ somit gewissermaßen an sozialen und kognitiven Prozessen.
Das Potenzial digitaler Technologien ist besonders bei wissensintensiven Aktivitäten vielversprechend – dies können Lernkontexte sein, aber auch berufsbezogene Nutzungen von kognitiven Schnittstellen – in Anlehnung an Drucker bezeichnen wir solche wissensintensiven Aktivitäten als „knowledge work“.
Der Gründungs-Leibniz-WissenschaftsCampus „Bildung in Informationsumwelten“ (Laufzeit 2010-2016) hat sich damit befasst, wie sich lebenslanges Lernen unter den Bedingungen der digitalen Gesellschaft gestaltet und gestalten lässt. Ein zentrales Konzept war dabei das der „Informationsumwelt“. Hierbei handelt es sich um die Gesamtheit an Informationsquellen, die ein Individuum frequentiert, um bildungsrelevante Informationen zu beziehen. In der digitalen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts zählen zu solchen Informationsquellen nicht nur Offline-Kontexte (z.B. Familie, Freunde, Vereine), sondern zunehmend digitale Ressourcen. Die ubiquitäre Verfügbarkeit digitaler Ressourcen z.B. über Smartphones ermöglicht es Individuen, in Echtzeit auf Informationen aus dem Netz zuzugreifen, um Wissen zu erwerben, Probleme zu lösen, Zusammenhänge zu verstehen, Entscheidungen zu treffen und planvoll zu handeln.
Der neue Tübinger Leibniz-WissenschaftsCampus „Cognitive Interfaces“ fokussiert nun auf die Art und Weise, wie die Schnittstelle zwischen einem Individuum und seiner Informationsumwelt beschaffen sein muss, um „knowledge work“ (Wissenserwerb, Verstehen, Wissenskonstruktion, Wissensaustausch, Problemlösen, Entscheiden) zu fördern. Er fokussiert somit verstärkt auf psychologische und pädagogische Konstrukte sowie auf Design-Aspekte der Gestaltung von Schnittstellen.